Im Fokus – Wohin mit den Alttextilien?

Es fällt auf beim Gang durch Stadt und Gemeinde, und es ist Thema der überregionalen Medien: Müllberge neben Altkleidersammelstellen, für die sich niemand so richtig zuständig fühlt. Der Grund ist ein verbreitetes Missverständnis, wie Achim Grunke zeigt.

»Kleidercontainer werden zur Müllfalle« so titelte die Freie Presse. Freiberger Zeitung am 2. Juli 2025. Vermüllte Kleidercontainer zeigen ein unansehnliches Bild und bringen ein bewährtes System ins Wanken. Die Kleidercontainer, hier betrieben vom Deutschen Roten Kreuz (DRK), dienen ausschließlich der Sammlung gut erhaltener gebrauchter Kleidungstücke, die für diesen Zweck an Bedürftige weitergegeben werden können. Die Erlöse aus der Verwertung nicht benötigter Kleidung werden zur Finanzierung sozialer Projekte eingesetzt. 

Die Leerung der Container erfolgt im Normalfall alle 14 Tage, bei Bedarf aber auch öfter. Dennoch sei in letzter Zeit festzustellen, dass immer häufiger Taschen, Säcke und lose Kleidungsstücke neben den Containern abgelegt werden. Für das DRK werde das zunehmend zu einer logistischen Belastung. In die Container gehört nur tragfähige, saubere und trockene Kleidung. Alttextilien, die nicht mehr als Kleidung verwendbar sind, zerschlissen oder gar stark verschmutzt sind, gehören dort nicht hin. Unsachgemäß entsorgte Altkleider behindern die Abläufe und untergraben das gesamte System der Kleiderspenden. Das Abstellen von Tüten vor den Containern schadet nur und verursacht zusätzliche Kosten, verzögert die Sortierung und erschwert die Arbeit der überwiegend ehrenamtlichen Helfer erheblich.

Da seit Januar 2025 eine EU-Richtlinie bestimmt, dass Textilabfälle nunmehr getrennt vom Hausmüll zu erfassen sind, besteht offenkundig Verunsicherung in der Bevölkerung, die auch zu unsachgemäßen Ablagerungen von Alttextilien an den Sammelcontainern geführt hat. Hier besteht dringender Informationsbedarf!

Neue Bestimmungen seit Januar 2025

Für die Entsorgung von Alttextilien gelten seit Anfang des Jahres auch in Deutschland neue Bestimmungen. Bis zum 1. Januar 2025 galt es, die EU-Richtlinie 2018/851 über Abfälle im nationalen Recht umzusetzen. Und so gilt seither nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) die Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Textilabfällen. Die neue gesetzliche Regelung zielt darauf ab, sämtliche Textilien, die noch verwertbar oder sogar wiederverwendbar sind, zu sammeln und einer qualitätsvolleren Verwertung zuzuführen. 

Diese neue Pflicht richtet sich in Deutschland an die Kommunen beziehungsweise die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE). Die örE sind jetzt dazu angehalten, eine eigene Sammlung aufzubauen und dies in ihren Abfallwirtschaftskonzepten niederzulegen. Dabei macht der Gesetzgeber keine Vorgaben, wie die Sammlung auszugestalten ist, sodass jeder örE für sich entscheiden muss, wie intensiv er in das Sammelsystem einsteigt. 

Was galt bisher?

  • In die Kleidercontainer gemeinnütziger oder gewerblicher Sammler durften (als Spende) abgegeben werden: gebrauchte Kleidungsstücke in sauberem Zustand und unverschlissen. Sofern an den Containern ausgewiesen, konnten auch gebrauchte Schuhe in sauberem und unverschlissenen Zustand hier hinein getan werden. 

  • In den Haus- oder Restmüll zu entsorgen waren Kleidungsstücke in verschmutztem und/oder verschlissenem Zustand sowie andere Alttextilien, die keine Kleidungsstücke sind. 

Was gilt ab 1. Januar 2025?

  • Für die Kleidercontainer gemeinnütziger oder gewerblicher Sammler gilt weiterhin, was bisher schon galt: hier gehören nur saubere und unverschlissene Kleidungsstücke hinein einschließlich Schuhe in gleicher Beschaffenheit, sofern das ausgewiesen. 

  • Ferner gilt auch wie bisher: feuchte, verschmutzte oder zerschlissene Alttextilien jeglicher Art (nicht nur Kleidungsstücke!) gehören weiterhin in den Haus- oder Restmüll. 

  • NEU ist nunmehr: gebrauchte Kleidungsstücke sowie Alttextilien jeglicher Art, sofern sie sauber und nur leicht verschlissen sind, sollen seit 1. Januar 2025 auf den Wertstoffhöfen der örE getrennt erfasst werden, um sie einer weiteren Verwertung durch Recycling zuzuführen. 

In einer FAQ »Getrennte Sammlung von Textilabfällen« informierte dazu am 31.01.2025 auch das Bundesministerium für Umweltschutz, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit: »Gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz müssen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, in der Regel die Landkreise und kreisfreien Städte, die getrennte Sammlung von Alttextilien in ihrem Zuständigkeitsbereich organisieren. Grundsätzlich sollen künftig sämtliche Textilien, sowohl gut erhaltene und noch tragbare Textilien als auch zerschlissene Bekleidung, getrennt gesammelt werden. Denn letztere kann noch recycelt werden, zum Beispiel als Malervlies, Dämmstoff oder Putzlappen. Wenn es vor Ort keine getrennte Sammlung für zerschlissene Kleidung gibt, kann diese auch weiterhin in den Restmüll. Was vor Ort gilt und wie genau gesammelt wird, regeln die lokalen Entsorgungsträger und Kommunen, und sie informieren darüber…«

Zerschlissene Kleidung kann in die Restmülltonne geworfen werden, wenn es hierfür vor Ort noch keine getrennte Sammlung gibt. Sofern es auch für zerschlissene Kleidung eine eigene Sammlung gibt, ist diese dort abzugeben, damit sie recycelt werden kann.

Was sind Textilien?

Nicht ganz klar ist mitunter, was alles eigentlich unter den Begriff »Textilien« fällt. Zumal es keine Legaldefinition dazu gibt, auf die sich etwa die Rechtsprechung stützen könnte. 

Für die praktische Handhabung hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) in einer Mitteilung vom 17. Februar 2023 unter dem Titel »Vollzugshilfe zur Vermeidung sowie zur Erfassung, Sortierung und Verwertung von Alttextilien« mangels einer bisherigen einheitlichen Bestimmung des Begriffs „Textilien“ einen Anwendungsbereich bestimmt.

Danach zählen zu Textilien: 

  • Bekleidung: Oberbekleidung (auch Leder, Pelze) und Unterwäsche, Schuhe und Fußbekleidung, sonstige Accessoires (Gürtel, Hüte, Mützen, Schals, Tücher, Handschuhe) etc.,

  • Handtaschen, Stoffbeutel und Rucksäcke etc.,

  • Bettwaren: Daunendecken, Steppdecken, Kissen, Matratzenschoner etc.,

  • Heimtextilien: Bett- und Tischwäsche, Waschlappen, Hand-, Trocken- und Badetücher, Dekorstoffe, sonstige Decken, Gardinen mit Vorhängen und Stores etc. sowie

  • Stoff-/Plüschtiere.

Nicht zu Textilien nach der vorliegenden Mitteilung zählen:

  • Polstermöbelstoffe und Matratzenbezüge,

  • Matratzen und Schaumstoffe,

  • Teppiche und Auslegware (Teppichboden),

  • Technische Textilien, wie z. B. Schutzkleidung, Tauchanzüge, Verbandmaterialien, Zelte und Planen etc.,

  • Bekleidung, Schuhe und Stoff-/Plüschtiere mit fest eingebauten elektrischen Funktionen. Hier handelt es sich um Elektrogeräte (z. B. leuchtende Schuhe mit »LED-Sohlen«, »smarte« Sportbekleidung etc.), die seit 2018 in den offenen Anwendungsbereich des ElektroG fallen und damit am Ende ihres Lebensweges als Elektroaltgeräte zu erfassen sowie zu behandeln sind.

  • Sowie sonstige Gebrauchsgegenstände.

Zuständigkeit und Aufgaben der kommunalen Entsorger

Die kommunalen Entsorger sind zur Umsetzung der Getrenntsammlungspflicht von Textilien an kein bestimmtes Organisationsmodell gebunden. Bei der Umsetzung haben die Entsorgungsträger einen gewissen Spielraum, um die Regelungen an die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Was jeweils vor Ort gilt und welche Abfälle in welchen Abfallbehälter einzufüllen sind, erfahren Bürgerinnen und Bürger bei den jeweils zuständigen kommunalen Entsorgungsträgern, zum Beispiel auf deren Internetseiten oder bei der örtlichen Abfallberatung.

Ob ein Hol- oder Bringsystem gewählt wird und/oder die Sammlung und Verwertung bei Dritten erledigt werden soll, liegt im Organisationsermessen der Kommunen. Dies gilt auch für die konkrete Ausgestaltung der Sammlung durch Sammelcontainer. Ebenso ist mit der Einführung der Getrenntsammlungspflicht weiterhin ein Nebeneinander von verschiedenen Sammelakteuren möglich. Entscheidend ist, dass die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen der Getrenntsammlungspflicht umgesetzt werden. 

Die Umsetzung der Getrenntsammlungspflicht 

  • muss im kommunalen Abfallwirtschaftskonzept darlegt werden und 

  • durch die kommunale Abfallberatung nach § 46 KrWG (Abfallberatungspflicht) kommuniziert werden.

Textilverbrauch nachhaltiger gestalten

Da der Textilverbrauch in der EU im Durchschnitt die vierthöchsten Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel hat, sieht die Europäische Kommission dringenden Handlungsbedarf in diesem Sektor. Es ist der Sektor mit dem drittgrößten Verbrauch an Wasser- und Flächennutzung und der fünftgrößte in Bezug auf die Verwendung von Primärrohstoffen und Treibhausgasemissionen. 

Mit der bereits eingangs genannten EU-Abfallrahmenrichtlinie (EU 2018/851) aus 2018 wurde festgelegt, dass es ab dem 01.01.2025 europaweit eine Getrenntsammlungspflicht für Textilien geben soll. In dieser Abfallrahmenrichtlinie ist die Abfallhierarchie rechtlich bindend festgelegt, 

  • die der Vermeidung von Abfällen Vorrang vor der Vorbereitung zur Wiederverwendung, 

  • dem Recycling, anderen Abfallverwertungsoptionen und der Entsorgung von Abfällen einräumt.

EU-Textilstrategie

Seit März 2022 verfolgt die EU bereits eine Textilstrategie, deren Ziele noch nicht rechtlich bindend sind. Sie setzt den Rahmen zur Transformation des Textilsektors von einer linearen hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft. So werden in der Strategie auch konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass in der EU in Verkehr gebrachte Textilerzeugnisse spätestens 2030 haltbarer sind und recycelt werden können, dass sie so weit wie möglich aus recycelten Fasern hergestellt und frei von gefährlichen Stoffen sind. Auch die Achtung sozialer Rechte und der Umwelt bei der Herstellung von Textilien werden vorgeschrieben. Unter anderem sollen folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Erweiterte Anforderungen an die Herstellerverantwortung für Textilien durch Ökodesign und Maßnahmen zur Förderung der Abfallhierarchie für Textilabfälle;

  • Beginn der Arbeiten zur Festlegung von Zielvorgaben für die Vorbereitung der Wiederverwendung und des Recyclings von Textilien; 

  • Durchsetzung der Beschränkungen für die Ausfuhr von Textilabfällen außerhalb der OECD und Entwicklung von Kriterien für die Unterscheidung zwischen Abfällen und gebrauchten Textilerzeugnissen; 

  • Digitaler Produktpass für Textilien mit Informationspflichten zur Umweltverträglichkeit; 

  • Offenlegung der Zahl der von Großunternehmen weggeworfenen Produkte und deren Weiterverarbeitung und Maßnahmen zum Verbot der Vernichtung von unverkauften Textilien. 

In der neuen EU-Ökodesignverordnung, die im EU-Amtsblatt am 28. Juni 2024 veröffentlicht wurde und somit als Verordnung unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten gültig wurde, fand die EU-Strategie eine erste Umsetzung. Bezogen auf Textilien besteht ein Verbot der Vernichtung unverkaufter Textilien und Schuhe. Auch hinsichtlich ihrer Haltbarkeit, Zuverlässigkeit, Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit soll die Produktgruppe Verbesserungen aufweisen und der digitale Produktpass eingeführt werden.

In der bereits zitierten FAQ »Getrennte Sammlung von Textilabfällen« heißt es dazu: »Das Bundesumweltministerium [für Umweltschutz, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit] hat sich im Rahmen der neuen Ökodesign-Verordnung (EU) von 2024 erfolgreich für ein Vernichtungsverbot für unverkaufte Neuwaren eingesetzt. Mit dem Vernichtungsverbot soll die Umweltbelastung durch die insbesondere durch Online-Verkäufe zunehmende Vernichtung unverkaufter Neuwaren durch Unternehmen verringert werden. Durch das Verbot wird das Abfallaufkommen reduziert und die Überproduktion unattraktiv gemacht. Das Verbot der Vernichtung durch Unternehmen gilt ab dem 19. Juli 2026 und umfasst die im Anhang VII zur EU-Ökodesign-Verordnung aufgeführten Produkte und Produktgruppen (bestimmte Kleidung, Kopfbedeckungen und Schuhe).«

In der Diskussion ist eine Überarbeitung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, die für kommunale Abfallwirtschaftsunternehmen von Interesse sein dürfte. Der am 05.07.2023 veröffentlichte Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, eine obligatorische und harmonisierte erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) für Textilien einzuführen. Die Hersteller sollen die Kosten für die Behandlung von Textilabfällen decken; es sollen Anreize zur Reduzierung von Abfällen geschaffen und das Produktdesign verbessert werden. Wie viel die Produzenten nach EPR-Schema zahlen, soll anhand des Prinzips »Öko-Modulation« geregelt werden. 

Einheitliche Regeln sollen den Mitgliedstaaten die Umsetzung der getrennten Sammlung von Textilien erleichtern. Die Beiträge der Produzenten sollen Investitionen in separate Sammlung, Sortier-, Wiederverwendungs- und Recyclingkapazitäten finanzieren. Die vorgeschlagenen Regeln sollen sicherstellen, dass Textilien zur Wiederverwendung sortiert werden, nicht zur Wiederverwendung geeignetes Material soll recycelt werden. »Soziale Unternehmen«, die in der Sammlung und Behandlung von Textilien aktiv sind, sollen von erweiterten Geschäftsmöglichkeiten und einem größeren Markt für Secondhand-Textilien profitieren.