Die digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung schreitet voran, doch viele Kommunen stehen vor der Herausforderung, komplexe Datenmengen sinnvoll zu nutzen und in handlungsrelevante Informationen zu überführen. Unser Forschungsprojekt setzt bei der Frage an: Wie können Kommunen datengestützte Entscheidungen treffen und ihre Arbeit transparenter gestalten? Auf der Basis der Datenerhebung werden Policy-Briefe entwickelt, um den den Praktiker:innen den Alltag zu erleichtern.
Wer steckt dahinter: Das Konsortium und unsere Vision
Stiftung Mercator GmbH: Die Stiftung Mercator finanziert das Projekt und unterstützt das Konsortium tatkräftig.
Prof. Dr. Marianne Kneuer und ihr Team der Technischen Universität Dresden übernehmen die Sprecher-Rolle des Konsortiums. An der TU Dresden findet daher auch die Koordination des Projektes statt. Das Team der TU-Dresden beschäftigt sich vor allem mit den Fragen der Legitimität und wie sich digitale Beteiligung darauf auswirkt.
Prof. Dr. Christian Pieter Hoffmann und Prof. Dr. Christian Pentzold von der Universität Leipzig sind in den Kommunikationswissenschaften zu Hause. Die Universität Leipzig hat ihren Fokus vor allem auf die Kommunikation und deren Wirkung auf E-Partizipation.
Prof. Dr. Stefan Marschall von der Universität Düsseldorf untersucht die politischen Wechselwirkungen von digitaler Beteiligung mit der Angebotsseite.
Prof. Dr. Maria Wimmer und ihr Team sind einerseits für die technische Entwicklung und Umsetzung des Dashboards zuständig, andererseits untersuchen sie die technische Implementierung und andere Faktoren rund um die Bereitstellung von digitalen Beteiligungsangeboten.
Die zentrale Fragestellung: Was wissen wir wirklich über E-Partizipation in Deutschland?
Obwohl digitale Bürgerbeteiligung in deutschen Kommunen immer populärer wird, fehlt bislang eine systematische Übersicht über das tatsächliche Angebot. Während die Forschung viel über die Seite der Bürger:innen weiß – also darüber, warum Menschen an digitaler Beteiligung teilnehmen oder nicht – ist die Angebotsseite weitgehend unerforscht.
Das ErLE-Projekt (»Erfolgsfaktoren lokaler E-Partizipation«) stellt deshalb drei fundamentale Fragen: Welches Angebot an digitalen Beteiligungsverfahren existiert überhaupt in deutschen Kommunen? Was verstehen die kommunalen Anbieter:innen selbst unter gelungener Beteiligung? Und welche strukturellen, organisatorischen und politischen Bedingungen führen tatsächlich zu erfolgreicher E-Partizipation?
Diese Fragen sind nicht nur akademisch relevant, sondern haben direkten Praxisbezug. Kommunale Entscheidungsträger stehen oft vor der Situation, digitale Beteiligung einführen zu wollen, wissen aber nicht, welche Erfahrungen andere, ähnliche Kommunen gemacht haben. Sie experimentieren im luftleeren Raum, obwohl längst wertvolle Erfahrungen vorhanden sind – nur eben nicht systematisch erfasst und aufbereitet.
Erstmals eine deutschlandweite Vollerhebung
Das Herzstück des Projektes ist deshalb eine bundesweite Vollerhebung aller kommunalen E-Partizipationsverfahren. Alle deutschen Kommunen werden mittels Online-Fragebogen zu ihren digitalen Beteiligungsangeboten befragt – von der ersten Ideensammlung über Bürgerhaushalte bis hin zu komplexen Planungsverfahren.
Parallel dazu werden strukturelle Daten der Kommunen ausgewertet: Wie groß ist die Kommune? Wie ist die finanzielle Situation? Wie gut ist die digitale Infrastruktur? Welche politischen Mehrheitsverhältnisse herrschen? Diese Kontextfaktoren helfen dabei, zu verstehen, warum manche Kommunen erfolgreich digitale Beteiligung anbieten und andere nicht.
Ergänzt wird die Vollerhebung durch vertiefende Fallstudien zu besonders interessanten Beispielen – sowohl erfolgreichen als auch gescheiterten Projekten. Ein Praxisbeirat mit Vertreter:innen von Kommunen, kommunalen Spitzenverbänden und Dienstleistern begleitet den gesamten Forschungsprozess und sorgt dafür, dass die Ergebnisse praxistauglich werden.
Das Dashboard: Mehr als eine Datensammlung
Die Erkenntnisse aus der Forschung fließen in ein interaktives Dashboard ein, das weit mehr ist als eine simple Datensammlung. Es wird zur ersten umfassenden digitalen Landkarte der E-Partizipation in Deutschland.
Das Dashboard ermöglicht es Kommunen, gezielt nach Erfahrungen zu suchen, die zu ihrer eigenen Situation passen. Eine Kleinstadt in Sachsen kann schauen, welche digitalen Beteiligungsformate ähnliche Kommunen erfolgreich eingesetzt haben. Ein Landkreis kann vergleichen, wie andere Kreise mit begrenzten Ressourcen trotzdem effektive Online-Beteiligung organisiert haben.
Besonders wertvoll sind die direkten Kontaktmöglichkeiten: Das Dashboard zeigt nicht nur, was gemacht wurde, sondern auch, wer es gemacht hat. So können sich Praktiker direkt austauschen und voneinander lernen. Ergänzt wird das Ganze durch wissenschaftlich fundierte Leitfäden, Policy Briefs und multimediale Inhalte wie Podcasts mit Erfahrungsberichten.
Die Plattform denkt auch die Zukunft mit: Kommunen können neue Projekte eintragen, Erfahrungen teilen und so dafür sorgen, dass die Landkarte lebendig bleibt und wächst.
Vom Experimentieren zum evidenzbasierten Handeln
Der praktische Nutzen des Dashboards liegt auf der Hand: Statt im Trial-and-Error-Verfahren digitale Beteiligung zu versuchen, können Kommunen auf einen systematisch aufbereiteten Wissensschatz zugreifen. Das spart Zeit, Geld und Frust – sowohl bei den Kommunen als auch bei den Bürger:inen, die an schlecht organisierten Beteiligungsverfahren teilnehmen.
Ein Bürgermeister, der ein Bürgerforum zu einem strittigen Bauprojekt organisieren will, kann im Dashboard nachschauen, welche digitalen Formate sich in ähnlichen Situationen bewährt haben. Eine Verwaltungsmitarbeiterin, die den Auftrag bekommt, digitale Bürgerbeteiligung aufzubauen, findet konkrete Hilfestellungen und kann sich mit Kolleg:innen aus anderen Kommunen vernetzen.
Aber auch für die kommunalen Spitzenverbände und die Landespolitik entstehen wertvolle Erkenntnisse: Wo fehlt es an Unterstützung? Welche rechtlichen oder finanziellen Rahmenbedingungen fördern oder hemmen digitale Beteiligung? Welche Weiterbildungsangebote brauchen die Kommunen wirklich?
Das übergeordnete Ziel ist es, digitale Bürgerbeteiligung vom Experimentierfeld zur evidenzbasierten Praxis zu entwickeln. Wenn Kommunen wissen, was funktioniert und was nicht, können sie bessere Entscheidungen treffen. Das führt zu mehr und erfolgreicherer Bürgerbeteiligung – und damit letztendlich zu mehr Vertrauen in die Demokratie vor Ort.
Das ErLE-Dashboard bietet dafür erstmals Zugang zu allen relevanten Erfahrungen aus ganz Deutschland. Anstatt teure Beratungen zu beauftragen oder langwierige Recherchen zu betreiben, finden Kommunen im Dashboard schnell und kostenlos die benötigten Antworten. Das bedeutet konkret: weniger Risiko bei neuen Projekten, effizienterer Einsatz knapper Ressourcen und bessere Ergebnisse für Bürgerinnen und Bürger.
Die deutschlandweite Vollerhebung läuft derzeit auf Hochtouren. Erste Ergebnisse und ein Prototyp des Dashboards werden bereits 2025 verfügbar sein. Das Projektteam freut sich über jede Kommune, die an der Erhebung teilnimmt und damit zur ersten umfassenden Landkarte digitaler Beteiligung in Deutschland beiträgt. Denn je mehr Kommunen mitmachen, desto wertvoller wird das Dashboard für alle.
Mehr Informationen
Zur Webseite des Projektes »Erfolgsfaktoren lokaler E-Partizipation«